Wer haftet künftig wie bei Produktfehlern?
Vor einem knappen halben Jahr hat das Europäische Parlament die neue EU-Produkthaftungsrichtlinie verabschiedet und damit der Modernisierung des fast 40 Jahre alten Produkthaftungsrechts zugestimmt. Dies stellt eine bedeutende Aktualisierung der bisherigen Regelungen dar, da die modernen Anforderungen und Technologien des 21. Jahrhunderts künftig einbezogen werden. Die Neufassung zielt darauf ab, den EU-Binnenmarkt durch den höchstmöglichen Schutz der Verbraucher zu fördern.
Gleichzeitig soll es den Herausforderungen und Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung und der neuen Technologien mit entstandenen Lieferketten sowie neuen Wirtschaftsakteuren, die bisher nicht im Fokus standen, gerecht werden. Nach dem Inkrafttreten der EU-Produkthaftungsrichtlinie muss diese von den Ländern innerhalb von zwei Jahren, also spätestens bis 2026, umgesetzt werden. Während sich die Haftung für Personen- oder Sachschäden durch fehlerhafte Produkte bisher auf die rechtliche Verantwortung des Herstellers, Importeurs in den Europäischen Wirtschaftsraum, Quasi-Herstellers (derjenige, der seine Marke bzw. sein Logo am Produkt anbringt) und unter Umständen auch eines Händlers bezog, findet sich unter den Änderungen die Erweiterung des Kreises um die beteiligten Wirtschaftsakteure wie Fulfillment-Dienstleister (z. B. Versanddienstleister) oder Anbieter von Onlineverkaufsplattformen.
Auch die Erweiterung des Produkt-, Schaden- wie auch des Fehlerbegriffs sind zentrale Bestandteile der Neufassung. Ferner wird die Offenlegungspflicht für alle Unternehmen künftig – auch durch die Beweiserleichterungen für Antragssteller – gewichtige Folgen in Prozessen haben; ebenso durch die Verlängerung der Verjährungsfristen. Da sich Unternehmen künftig auf die neuen Anforderungen einstellen und Prozesse entsprechend anpassen müssen, um rechtliche Risiken zu minimieren, sollte ein erster wichtiger Schritt die Feinjustierung des Leistungspunktes „Produkthaftung“ in Ihrer Betriebshaftpflichtversicherung sein.
Als zusätzlicher optionaler Baustein zur Betriebshaftpflicht (und der darin enthaltenen konventionellen Produkthaftpflicht) sichert beispielsweise eine erweiterte Produkthaftpflicht reine Produktvermögensschäden ab, welche auch unabhängig eines vorangegangenen Sach- oder Personenschadens reguliert werden. Diese müssen jedoch in den meisten Fällen extra vereinbart werden. Wer beispielsweise Produkte aus Nicht-EU-Ländern einführt oder sein eigenes Label anbringt, unterliegt als Quasi-Hersteller auch weiterhin der verschärften Haftung des Produkthaftungsgesetzes für Schäden aus Produktfehlern.
Wichtig ist in jedem Fall, dass Risiken als Hersteller, Quasi-Hersteller usw. in der Police als Betriebsart abzubilden sind.
Gerne überprüfen wir Ihren bestehenden Schutz auf Handlungsbedarf. Kommen Sie auf uns zu.
Text: VEMA News Gewerbe (August 2024)